Wenn man jetzt sagt, dass man die Sella Ronda gar nicht oft genug im Leben fahren kann…..stimmt! Absolut! Eine unendliche Schönheit im ursprünglichsten Sinn des Wortes. Ich kannte sie bisher nur mit dem Motorrad und unzählige Male mit dem Auto, zu allen Jahreszeiten. Aber im Winter war sie mir neu. Und ein fantastisches Erlebnis, nur wenig getrübt durch die Sturmwarnung, die ab der ersten Gondelfahrt ein wenig Unruhe bei mir verursacht, wieder ins Grödner Tal zurückzukommen. Aber, alles gut. Mit der ersten Gondel in Wolkenstein auf die Saslong, prima pista mit drei Einheimischen auf der Super G-Strecke, zum Aufwärmen. Meine Südtiroler Freunde, mit denen ich die zwei Tage zuvor auf der Grande Guerra verbracht habe, würden jetzt erwähnen, dass die Pisten in den Dolomiten anders präpariert werden als in Österreich. Weil – da unten hat man ja quasi alles erfunden: Das Beschneien, die Lifte, und die Pistenraupen und -katzen. Tatsächlich waren die Pisten bei vergleichbarer Schneelage mit Österreich zum Jahreswechsel 1a präpariert. Wirklich Eis gab es nur an ein zwei schattigen, tiefliegenden Stellen.
Also, zurück zur Sella Ronda. Geschmackssache, wie man es angeht, ich bin sie gegen den Uhrzeigersinn gefahren. Egal, wie herum, man muss sehr viel Zeit einplanen. Einfach, weil man so viel schauen muss. Andauernd. Die zwei Tage vor der Runde um den Sellastock sind wir in einer klitzekleinen Runde von 35 Personen die große der beiden Dolomitenrunden gefahren, die Grande Guerra oder auch Gebirgsjägerrunde. Start war auch in Wolkenstein, an der Talstation der Dantercepies, übers Grödner Joch Richtung Alta Badia und Corvara, also einen Teil der Sella Ronda, im Uhrzeigersinn. Am Piz Boe trifft man sich zum ersten Espresso, weil ja auch niemand daran geglaubt hat, dass 35 Personen tatsächlich gemeinsam und zeitgleich in so eine Runde starten. Und es ist den Stop wert. Die Piz Boe Alpine Lounge ist sehr fesch, sieht verdächtig nach Matteo Thun aus (keine Ahnung, ob er es wirklich war), und kredenzt ausgezeichneten Espresso und ein Cornetto mit Schoki, das man weinen möchte.
Weiter geht’s entlang der Sella, über Arraba in Richtung Marmolada. Am Fuß der Marmolada beginnt eine der beiden Busfahrten der Runde, Achtung auf die Abfahrtszeiten. Und – auch andere haben diese Idee. Im Anlick des Monte Pelmo (auch wieder – viel Zeit zum Schauen einplanen!) geht’s nach einem späten Mittagessen weiter, von Pescul dann zum zweiten Mal mit dem Bus. Punktgenau zum letzten Zweier-Sessel aus dem letzten Jahrhundert rauf zum Rifugio Averau. Eine Möglichkeit, auf dieser auch in einem Tag fahrbaren Runde eine Zweitages-Tour zu machen. Die Schönere aber war unsere – nur knapp unterhalb gelegen, im Rifugio Scoiattoli. Jetzt könnte ich das Essen und die Hütte und alles beschreiben, aber hier zählt nur eines: Am Abend vor dem Sonnenuntergang und in der Früh vor dem Sonnenaufgang parat sein, wenn die Cinque Torri unmittelbar vor einem und oberhalb von Cortina so wie alle umliegenden Gipfel alle fünf Sekunden in anderen Schattierungen von Rot beleuchtet werden. Und – erraten – viel Schauen!
Nach einer schlaflosen Nacht, weil sehr aufregend im Zehner-Stockbett-Zimmer, natürlich strikt nach Buben und Mädchen getrennt, geht’s gleich 3 bis 5 Mal prima pista runter nach Cortina, bevor die Tagesschifahrer starten. Nachdem auch die Schlafmützen zum obligatorischen Gruppenfoto vor dem Rifugio aufgetaucht sind, geht’s weiter, mit der Gondel auf den Lagazuoi. Und – richtig – wieder viel Schauen! Auch hier könnte man im Rifugio übernachten. Um dann vor dort eine endlose Talabfahrt schon wieder in Richtung von Corvara anzutreten. Dazwischen gibt’s noch einige Espressi und eine fesche Skijöring-Einlage mit zwei Kaltblütern, um zum nächsten Lift zu gelangen. Mittagessen im Armentarola aus einer anderen Zeit, auf der mondänen Sonnenterrasse. Und dann schön langsam wieder in Richtung Grödner Joch und runter nach Wolkenstein. Eine atemberaubende Runde. Im wahrsten Sinn dieses Wortes.
Tickets kann man schon im Vorhinein kaufen. Und wenn die Vorfreude schon sehr groß ist, im ersten 2020er Bergwelten Heft gibt’s ein fesches Porträt über Alta Badia.